Dies und Das       Liturgie

 

Unser Organist Hans-Roland Schneider hat sich dieser Frage angenommen:

 

Der Begriff Liturgie (von griechisch leiturgía= öffentlicher Dienst) bezeichnet die Ordnung und Gesamtheit der religiösen Zeremonien und Riten des jüdischen und des christlichen Gottesdienstes. Sie umfasst das gesamte gottesdienstliche Geschehen: Gebet, Lesung und Verkündigung, Gesang, Gestik, Bewegung und Gewänder, liturgische Geräte wie z. B. der Abendmahlskelch, Symbole und Symbolhandlungen und die Spendung von Sakramenten. Sehr vereinfacht könnte man es auch Ablauf des Gottesdienstes nennen.

Die in unserer Gemeinde erst vor einigen Jahren eingeführte Liturgie ist die in der Landeskirche übliche. Ihre vielleicht wichtigste Aufgabe ist Kraft, Halt und Orientierung zu geben. Dabei hat jeder Teil des Gottesdienstes eine ganz bestimmte Funktion an der jeweiligen Stelle.

·        Glockenläuten: Das Vorläuten eine halbe Stunde vor Beginn des Gottesdienst ruft die Gemeinde auf, sich zur Kirche zu begeben. Der Gottesdienst wird 10 Minuten vorher eingeläutet. Beim Vater unser läutet stets nur eine Glocke, dies ist seit 1629 bezeugt. Heute ist das Läuten in einer Läuteordnung genau geregelt.

·        Orgelvorspiel: Hier liegt es in der Verantwortung des Organisten, die für den Gottesdienstanlass und die im Kirchenjahr passende Musik, z. B. auch ein Choralvorspiel zu einem Gottesdienstlied auszuwählen. Das Orgelvorspiel sollte nicht zu lang sein – ein Gottesdienst ist kein Konzert.

·        Begrüßung: der Prediger begrüßt die Gemeinde, stellt sich ggf. vor und gibt nach Bedarf Hinweise zum Gottesdienst. Häufig wird der Wochenspruch verlesen. Einige Prediger sehen die Begrüßung als überflüssige Wichtigtuerei an.

·        Votum: So beginnt jeder Gottesdienst. Hier wird der dreieinige Gott genannt, in dessen Namen wir uns versammeln. Man kann dies auch als Tauferinnerung verstehen. Die Gemeinde singt als Antwort ein einfaches Amen (So sei es).

·        Das Eingangsliedkann aus dem liturgischen Kalender (EG 954) oder ganz frei gewählt werden. Man könnte die Eingangslieder daher auch für einen längeren Zeitraum festlegen.

·        Psalm: Psalme sind Lieder des Alten Testaments. Der Prediger liest meist im Wechsel mit der Gemeinde den jeweiligen Psalm. In der gesungen Antwort der Gemeinde wird wiederum der dreieinige Gott genannt (Ehr‘ sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist...). Durch das Psalmgebet stellt man sich bewusst in die Tradition des Volkes Israel.

·        Im Kyrie hoffen wir auf Gottes Erbarmen und rufen unseren Herrn an.(Griech. Kyrios = Der Herr; damit wird im Alten Testament Gott bezeichnet, später kann auch Jesus so angerufen werden.) Meist formuliert der Prediger dazu ein Sündenbekenntnis, auf das die Gemeinde mit dem Herr, erbarme dich antwortet.

·        Der Prediger spricht der Gemeinde im Gloria die Gnade Gottes zu. Im großen Gloria zeigt die Gemeinde die Freude und den Jubel der himmlischen Chöre vor Bethlehem. Kyrie und Gloria zusammen bringen menschliche Not und Angst, aber auch christliche Hoffnung und Freude im gesungenen Gebet vor Gott. Den Abschluss bildet als ehemaliger Bischofsgruß die Salutatio: Der Herr sei mit euch – und mit deinem Geiste.

·        Seit der Mitte des 5. Jahrhunderts steht vor dem Lesungsteil ein Gebet. Es trägt den Namen Gebet des Tages (Tagesgebet), denn es fasst die Anliegen dieses Tages, die im vorausgegangenen Gebetsteil zum Ausdruck kamen, bündig zusammen. Es ist nach Form und Inhalt ein Kollektengebet, das heißt, es werden die Anliegen der bisherigen Gebete bzw. des Gottesdienstes „gesammelt“. Das Tagesgebet wird seit jeher mit der Aufforderung „Lasset uns beten“ eingeleitet. Es wird vom Prediger gesprochen und von der Gemeinde mit dem Amen aufgenommen.

·        Die Schriftlesung, die häufig von einem Gemeindemitglied übernommen wird, endet mit einem dreimal gesungenen Hallelujah, welches man in der Passionszeit durch ein einfaches Amen ersetzt. Anschließend betet die Gemeinde das Glaubensbekenntnis, bei dem nicht festgelegt ist, ob das apostolische, das nicänische oder ein in moderner Sprache verfasstes Bekenntnis genommen wird.

·        Das Lied vor der Predigt führt inhaltlich in die Predigt. Die Predigt ist ein wichtiger und wesentlicher Bestandteil des Gottesdienstes. Der Prediger hat die Aufgabe, das Evangelium (= frohe Botschaft) zu verkünden und für unsere heutige Situation auszulegen. Das Lied nach der Predigt schließt diese inhaltlich ab. Deshalb ist es gewöhnlich  – wie das Lied vor der Predigt – eng am Predigttext orientiert. Hier könnte der Organist je nach Art des Gottesdienstes ein längeres Choralvorspiel aussuchen.

·        In den Fürbitten wendet sich die Gemeinde der Welt zu und bittet für Notleidende, auch für die in Politik und Gesellschaft Verantwortlichen und für die Kirche um Gottes Hilfe und Leitung. Es ist wichtig, auch an andere zu denken, denen es schlecht geht, die in Kriegen oder an Hunger leiden und kaum Lebenschancen haben. Mitunter wird zwischen den Fürbitten ein Bittruf gesungen (Herr, erbarme dich).Das Vater unser hat Jesus uns zu beten gelehrt. Es gehört zwingend zu jedem Gottesdienst und schließt den Gebetsteil ab. Meist wird im Anschluss das Schlusslied gesungen.

·        Mit den Abkündigungen wird die Gemeinde über geplante Aktionen, Gottesdienste, Veranstaltungen, Kollekten usw. informiert.

·        Zum Abschluss des Gottesdienstes segnet der Prediger die Gemeinde. Der Segen schließt jeden Gottesdienst ab.

·        Das Orgelnachspiel soll ebenfalls nicht zur privaten Übungsstunde des Organisten werden. Es darf nicht zu lange dauern. Wegen ihrer Schlusslastigkeit sind Fugen gut geeignet sowie Choralvorspiele zu einem im Gottesdienst gesungenen Lied, freie Werke und natürlich Improvisationen. Die Praxis des Zuhörens nach dem Segen breitet sich aus und zeigt Respekt und Achtung vor dem Organisten, der stets die Verpflichtung hat, die ausgewählte Musik gut zu interpretieren.

 

Gottesdienst ist gemeinsame Glaubenspraxis und somit das zentrale Element des Gemeindelebens. Ich spreche daher nicht gerne von Gottesdienst-besuchern, sondern lieber von Gottesdienstteilnehmern. Neben dem gemeinsamen Singen und Beten könnte ich mir noch stärker aktives Teilnehmen, etwa in der Kanzelrede, bei den Fürbitten oder  im Kanonsingen vorstellen. Der Gottesdienst sollte weiterhin „demokratisiert“ werden.

Abschließend darf ich Sie einladen, zu unseren schönen und interessanten Gottesdiensten zu kommen. Sie erzählen beim Lesen, Hören, Beten und Singen von Gott und seinem eingeborenen Sohn, Jesus Christus.

 

Ihr Hans-Roland Schneider