Dies und Das       ökumenischer Gottesdienst

 

Ökumenischer Kerbegottesdienst am Samstag, 8. September 2012

 

gehalten von

Simon Meister, evangelischer Pfarrer in Essenheim

Torsten Geis, katholischer Pfarrer in Ober-Olm

 

Gnade sei mit euch…

Liebe Gemeinde,

Kerb, Kirchweih – was feiern wir da eigentlich?

Die Frage ist gar nicht so leicht zu beantworten. Und erst recht nicht, wenn wir diese Frage in einem ökumenischen Gottesdienst stellen. Wenn wir sie also aus katholischer und evangelischer Perspektive beantworten wollen.

Schön, dass du da bist, Thorsten! Schön, dass wir alle gemeinsam Gottesdienst feiern. Und schön, dass wir uns in dieser Predigt über die Frage unterhalten, warum wir eigentlich Kerb feiern!

Wir werden nach Gemeinsamkeiten suchen, aber sicher auch feststellen, was verschieden ist…

 

Das gönnen wir uns einfach. Wir gönnen uns die Gemeinsamkeiten und wir gönnen uns die Verschiedenheit!

 

Da bin ich ganz bei Dir! Dann legen wir gleich mal los: Warum feiert ihr Kerb, Thorsten?

 

In unserer Tradition haben Segnungen und Weihen einen sehr großen Platz. Besondere Dinge werden in ihrer Beziehung zu Gott dargestellt, in dem Gott gelobt wird. Eine Kirche ist jedoch noch einmal ein besonderer Ort. Für uns Katholiken ist eine Kirche nicht nur ein Versammlungsort, wo Gottesdienst gefeiert wird. Es ist von unserem Eucharistieverständnis her ein Ort, den wir mit der Kirchweihe sozusagen „Gott übergeben“. Er „wohnt“ dort. Im Tabernakel werden die konsekrierten Hostien aufbewahrt, das Allerheiligste, in dem Gott selbst gegenwärtig ist. Der Altar in einer Kirche, auf dem das Geheimnis der Eucharistie gefeiert wird, die Wandlung der Gaben von Brot und Wein in die bleibende Gegenwart Christi, steht für Jesus Christus selbst. Er wird in einer großen und aufwendigen Zeremonie geweiht. Somit ist die Kirche für uns ein heiliger Ort, an dem Gott gegenwärtig ist. Er ist für viele Menschen ein Ort des gemeinsamen Gottesdienstfeierns, aber auch ein Ort der Stille und der Gotteserfahrung. Daher ist die Kirche nach unserem Verständnis auch ein ganz besonderes Haus, in dem man Gott besonders erfahren kann und in dem man –wie ich denke, sich auch entsprechend verhalten sollte.

Ich finde den Gedankengang spannend. Ich kann ihn auch nachvollziehen und ich glaube, da bin ich nicht allein. Ein Beispiel:

Ganz am Anfang des Konfi-Jahres, lasse ich die Konfis alleine in der Kirche. Sie bekommen ein Aufgabenblatt zu unserer Kirche und dürfen sich dann vollkommen frei in der Kirche bewegen. Alles darf angeschaut, ausprobiert, angefasst, betreten werden. Einzige Bedingung: Nichts darf kaputt gehen. Das hat bisher immer hervorragend geklappt, aber eine Frage tauchte jedes Jahr auf: Dürfen wir auch an den Altar? Worauf ich sage: Klar, warum denn nicht? - Na ja, irgendwie ist das doch was Besonderes!

Die Konfis – und ich bin mir sicher, nicht nur sie – haben ein Gespür dafür, dass es besondere Orte gibt, heilige Areale, die sich irgendwie abgrenzen von der normalen Welt.

Dieses Empfinden kann man nicht leugnen und dennoch kennt die protestantische Theologie keine per se heiligen Orte und auch keine Weihe, die einen normalen weltlichen Ort in einen heiligen Bezirk transformiert.

Das Empfinden der Konfis passt also nicht zur theologischen Überlegung.

Das kann man als Mangel deuten, es hat aber – wie ich finde – einen guten theologischen Grund:

Denn, wenn Gott wirklich allmächtig ist, dann wird er dort wirken, wo er wirken will.

Wir können seinen Geist nicht eingrenzen in ein Gebäude aus Mauern. Oder können wir wirklich behaupten, hier in der Kirche wirkt Gott und wenn wir auf die Kerb gehen, wirkt er nicht mehr?

Und selbst wenn wir annehmen, dass Gott hier immer präsent ist – es gibt Leute, die spüren ihn hier nicht, aber vielleicht an einem anderen Ort, zu einer anderen Zeit, im Kontakt mit anderen Menschen.

Der Protestantismus kennt keine besonderen heiligen Orte, heilige Zeiten und keine heilige Personen. Das erkläre ich dann auch den Konfis.

Alles ist weltlich! Aber alles birgt das Heilige in sich, weil mir in jedem Moment, an jedem Ort, in jedem Menschen Gott begegnen kann. Und zwar nicht ein beliebiger Gott, sondern der, von dem in der Bibel erzählt wird.

So gesehen ist es für euch sehr viel schwieriger zu erklären, warum ihr eine Kirch-Weihe feiert…

Ja. Was für euch sehr eindeutig und klar ist, müssen wir durchdenken!

Vielleicht können wir es so sagen:

Wir feiern Kirchweih, Kerb, weil es uns daran erinnern soll, dass dies hier ein Ort ist, an dem wir regelmäßig Gottes Wort verkünden. Hier soll Raum sein für Gottes Wort. Hier wollen wir der Möglichkeit Raum geben, dass Gott den Menschen begegnen kann.

Ob und wie sich solche heiligen Momente tatsächlich einstellen, das liegt nicht in unserer Hand, sondern allein im Willen des Allmächtigen.

Das ist in der Tat ein großer Unterschied: Weihe, ja oder nein… Die Frage, ob Gott an besonderen Orten stets gegenwärtig ist… Darüber könnten wir jetzt lange diskutieren.

Und trotzdem glaube ich, ist es sinnvoll, diesen Gottesdienst gemeinsam, unter einem Dach, eben ökumenisch zu feiern!

So? und warum?

Wenn wir auch eine so intensive Kirchweihe haben und  die Kirche ein heiliges Haus ist, so hat das Haus seine Heiligkeit natürlich in erster Linie durch die Menschen, die es benutzen. Die Weihe eines Hauses mit aufeinandergesetzten und verbundenen Steinen ist also nur dann ein sinnvolles Unterfangen, wenn es auch Menschen gibt, die sich dort versammeln, die dort Gottesdienst feiern, beten, Sakramente empfangen, wichtige Momente ihres Lebens dort begehen. Andernfalls erfüllt ein Gotteshaus nicht seine eigentliche Bestimmung. Insofern ist das Gotteshaus auch ein Sinnbild für die im ersten Petrusbrief bezeichneten „lebendigen Steine“. Diese Steine sind wir – keiner gleicht dem anderen und dennoch braucht man uns, damit ein lebendiges „Haus Gottes“ entstehen kann. Wir haben einen Gott, der uns bei aller Verschiedenheit eine gemeinsame Mitte gibt und einen gemeinsamen Grund, warum wir glauben und aus unserem Glauben und seiner Botschaft heraus handeln. Ich denke, dass diese Einstellung uns Katholiken mit den Protestanten verbindet, auch wenn aus protestantischer Sicht die Weihe eines Hauses nicht so hoch gehängt wird. Das Verständnis, dass wir als Kirche ein Haus aus lebendigen Steinen sind, dürften wir jedoch teilen – und das gibt uns zur gemeinsamen Feier eines Kirchweihfestes, der Kerb, eine solide Grundlage.

Ein tolles Bild! Wir sind lebendige Steine…

Verschieden – wie alles Lebendige nun mal ist, aber zusammenwirkend!

Gott hat etwas mit uns vor. Er baut etwas mit uns. Und der Schlussstein – so heißt es im Epheser-Brief, den wir gehört haben – der Schlussstein ist Jesus Christus.

Auf ihn hin richtet sich alles aus! Das verbindet uns bei aller Verschiedenheit!

Und richten wir uns nach Christus, blicken wir auf Christus…

… dann sehen wir, wen er im Blick hatte…

Nämlich die Menschen!

Wir teilen die gleiche biblische Tradition, wir teilen den Blick auf Christus, wir teilen die gleiche Berufung. Eine Schrift, ein Christus, eine Berufung:

Schaut auf die Menschen und darauf, was sie brauchen. Legt ihnen die frohe Botschaft von Gottes Liebe ans Herz!

Das ist uns gemeinsam und das sollten wir versuchen umzusetzen.

z. b. mit einem ökumenischen Kerbgottesdienst.

Oder einem Tauferinnerungsgottesdienst

Der Gottesdienst zur Einheit der Christen im Januar

Die Passionsandacht, der Jugendkreuzweg

Der Gottesdienst zur Segnung gemischt konfessioneller Paare

Die Schulgottesdienste

St. Martin

Die Adventsandacht

Pfingstmontag im Ober-Olmer Wald

Weihnachten im Seniorenheim

Ökum. Kleinkindergottesdienst

Ob jung oder alt… viele Anlässe… Ich glaube, wir machen uns nicht immer bewusst, wie viel schon gebaut ist. Und dass wir hier in Essenheim darauf auch – zurecht – ein wenig stolz sein dürfen. Und dennoch: Wie das so ist mit einem Hochbau…

… er ist noch lange nicht fertig

Denkst du, es wird einmal so weit sein?

Wer weiß… Doch auch wenn es zu einer Vereinigung von katholischer und evangelischer Konfession kommt, es wird wohl trotzdem immer genug Baustellen geben.

Nur der Schlussstein, Christus, hält alles zusammen.

Doch der wird nicht von uns gesetzt!

Ja, der wird nicht von uns gesetzt. Uns bleibt nur, uns so auszurichten, damit er passt!

Sich gemeinsam auf Christus hin ausrichten.

Auch wenn wir unterschiedlicher Ansichten bzgl. der Weihe sind, feiern wir doch heute eines: Den Bau unserer Kirche. Aus Sandbruchsteinen und lebendigen Steinen.

Ein Bau, der schon Jahrhunderte besteht und ein Bau, der noch nicht fertig ist.

Ein Bau, an dem wir Arbeiter und Material zugleich sind.

Ein Bau, den zu gestalten, eben auch Freude und Spaß macht.

Und das darf man nicht nur, das sollte man auch feiern!

Wir wünschen Ihnen eine gesegnete Kerb.

Amen.